\brief{\labelcn{carnap-schlick-23-09-25}Rudolf Carnap an Moritz Schlick, 23. September 1925}{September 1925} %Buchenbach (Baden)[,] den 23. Sept. 1925. \anrede{Verehrter, lieber Herr Professor!} \haupttext{Ihre Karte damals erreichte mich nicht mehr in Lübeck, und so war es mir leider nicht mehr möglich, Sie in Müritz zu besuchen. Ich reiste Anfang August nach Genf, um mir dort die internationalen Hochschulkurse\II{\hochschulkursegenf} anzuhören. Dabei lernte ich einige interessante Leute kennen, darunter den Genfer Psychologen Baudouin\IN{\baudouin} und den Londoner Psychoanalytiker Flügel\IN{\fluegel}, die beide ihre Vortragsreihen in Esperanto hielten. Die Absicht, im Okt. eine Tagung\II{} zu veranstalten, haben wir inzwischen aufgegeben. Die Erlanger Akademie\II{\akademieerlangen}, bei der wir es am liebsten gemacht hätten, ließ die Anfrage unbeantwortet. Aus Zeitungsnachrichten erfuhr ich von der Absicht der Auflösung; ob diese vielleicht schon im Gange ist? Dann machte ich einen Versuch mit Göttingen, wo jedoch die äußeren Bedingungen nicht günstig waren. So haben wir es für diesmal lieber gelassen. Mir ist das jetzt ganz recht so, denn ich würde vorher nicht mit meiner Hab[ilitations]-schrift\IC{\konstitutionstheorie} fertig werden und möchte die Arbeit daran jetzt nicht noch vor der Beendigung länger unterbrechen. Nachdem ich mich so oft über den Zeitpunkt der Fertigstellung getäuscht habe, wage ich es jetzt nicht mehr, eine Zeit zu nennen. Ich stecke jetzt mitten in der endgültigen Formulierung des Textes; ein Viertel ist auch schon in Maschinen-Reinschrift fertig. Ich habe vor, zunächst nur das Manuskript\IC{\konstitutionstheorie} nach Wien zu schicken, dann aber bald darauf auch selbst wieder hinzukommen. Den Abriß\IC{\logistik} für Ihre Sammlung\II{\wissweltauffassung} will ich doch lieber in \uline{einem}\blockade{Unterstreichung vom Autor?} Bändchen geben. Es ist wohl jetzt am wichtigsten, daß recht bald ein \neueseite{} kleiner, wohlfeiler und leicht Verbreitung findender Abriß\IC{\logistik} des Gebietes existiert. Eine ausführlichere Darstellung der Relationstheorie mit Anwendungen auf verschiedenen Gebieten muß dann der Zukunft überlassen bleiben; sie würde dann auch in einen andern Rahmen gehören. Und zwar wohl kaum der näheren Zukunft; denn ich glaube, ich werde mich zunächst mehr mit eigentlich philosophischen, nicht rein formalen Fragen beschäftigen. Vielleicht übernimmt jene Aufgabe inzwischen ein Andrer. Daß ich in dem Abriß\IC{\logistik} besonderes Gewicht auf die Relationstheorie als den für verschiedene Anwendungen und für die philosophische Problematik wichtigsten Zweig des Gebietes legen will, möchte ich im Untertitel schon zum Ausdruck bringen. Der Titel soll dann lauten: \begin{center} ,,\uline{Abriß der Logistik} mit besonderer Berücksichtigung der Relationstheorie``.\IC{\logistik} \end{center} \noindent{Über die Vorgeschichte und jetzige Verwendung des Terminus ,,Logistik`` habe ich eine Untersuchung angestellt, und auf Grund des Ergebnisses scheint mir dieser Ausdruck der Bezeichnung ,,symbolische Logik`` vorzuziehen. Ich bin gern bereit, diese terminologische Frage näher mit Ihnen zu erörtern, falls sie Sie interessiert. Mit herzlichem Gruße verbleibe ich}} \grussformel{Ihr ganz ergebener\\ R. Carnap} \ebericht{Brief, msl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/870856}{MS 95/Carn-7 (Dsl. RC 029-32-38)}; Briefkopf: gedr. \original{Dr. Rudolf Carnap\,/\,Buchenbach (Baden)}, msl. \original{den 23.\,Sept. 1925}.}