\brief{Moritz Schlick an Rudolf Carnap, 21. Oktober 1924}{Oktober 1924} %Wien IV, 21. X. 24. %Prinz-Eugen-Str. 68. \anrede{Sehr geehrter Herr Carnap,} \haupttext{auf Ihren Wunsch sende ich Ihnen heute das Manuskript Ihres Raum-Zeit-Aufsatzes\fnE{R. Carnap: Über die Abhängigkeit der Eigenschaften des Raumes von denen der Zeit. In: Kant-Studien, 30 (1925). -- S.\,331-345.}\IC{\rjzeitaufsatz} zurück. Entschuldigen Sie bitte, daß es nicht früher geschah; ich gedachte die Sendung mit einigen andern Mitteilungen zu verbinden. Was die Frage Ihrer Habilitation betrifft, so konnte ich (das Semester hat noch nicht begonnen) mit meinen philosophischen Spezialkollegen noch nicht Rücksprache nehmen. Ich hatte aber Gelegenheit, mit einem mathematischen Kollegen, der die Psychologie der Fakultät\II{\fakultaetwien} sehr gut kennt, über die Sache zu reden, und dieser meinte, daß wir mit Ihnen garkeine Schwierigkeiten haben würden, da die bekannten Hinderungsgründe, die sonst bei der Majorität Anstoß zu erregen pflegten, bei Ihnen gänzlich wegfallen. Wir dürfen also gute Hoffnungen hegen. Ich denke mir den weiteren Verlauf etwa so (näheres schreibe ich noch), daß Sie schon in der zweiten Hälfte des Wintersemesters auf kurze Zeit nach Wien kämen, um hier etwas Fühlung zu nehmen. Sie könnten dann vielleicht in einem kleinen philosophischen Zirkel\II{\schlickzirkel}, den ich alle 14 Tage in meinem Institut\II{\philosophischesinstitut} abhalte, und in dem wir dieses Semester über die logischen Grundlagen der exakten Wissenschaften sprechen, ein kleines Referat über Ihre Arbeiten in zwangloser Form geben. Noch über eine andere Angelegenheit möchte ich Ihnen heute etwas sagen, bzw. eine Frage stellen. Kürzlich hat zwischen dem Verlag Springer\II{\springerverlag}, Prof. Philipp Frank\IN{\frankphilipp} (Prag) und mir (Wien) eine Besprechung stattgefunden, in der beschlossen wurde, daß Frank\IN{\frankphilipp} und ich eine Reihe von Monographieen\II{\schriftenwisswelt} herausgeben werden, die ungefähr den Titel tragen soll: ,,Bausteine zu einer exakten \neueseite{} Weltauffassung``, und die als eine Sammlung \sout{für eine} wirklich streng exakter \sout{Behandlung} Arbeiten über philosophische Probleme gedacht ist -- ähnlich wie Reichenbachs Zeitschrift\II{\erkenntnis}, die hoffentlich auch zustande kommt, nur daß für unsere Beiträge ein Minimalumfang von 4 Bogen = 64 Seiten in Aussicht genommen ist. In dieser Sammlung brauchen wir unbedingt einen Abriß der symbolischen Logik\IC{\symbolischelogik}, und ich möchte Sie schon jetzt fragen, ob Sie die von Ihnen geplante Behandlung dieses Themas (eventuell vereinigt mit dem Abriß der Relationstheorie\IC{\relationstheorie}, oder auch beides getrennt) für diese Reihe zur Verfügung stellen könnten. Und wann könnten Sie bejahendenfalls die Arbeit abliefern? Unter den ersten Heften werden zwei von Philipp Frank\IN{\frankphilipp} und eines von dem Berliner Mathematiker Mises\IN{\mises} sein, Sie würden sich also in guter Gesellschaft befinden. Es wäre ja für Sie auch wünschenswert, wenn Sie in der nächsten Zeit möglichst viele Publikationen aufzuweisen hätten. Ich hoffe also, daß Sie es einrichten können, womöglich noch vor Mitte des nächsten Jahres. Sobald ich hier irgendwelche neuen Anhaltspunkte in der Habilitationsfrage finde, schreibe ich Ihnen wieder. Mit herzlichen Grüßen und Wünschen} \grussformel{Ihr ergebener\\ M. Schlick} \ebericht{Brief, msl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/870706}{RC 029-32-49}; Briefkopf: msl. \original{Wien IV, 21.\,X.\,24. \,/\, Prinz-Eugen-Str. 68}.}