Die freundliche Sendung Ihrer DissertationB1922@Der Raum. Ein Beitrag zur Wissenschaftslehre, Berlin, 1922 habe ich erhalten. Vor allem nehmen Sie meine herzlichste Gratulation entgegen, daß Sie das lange und mit solchem Fleiße vorbereitetes Werk nun fertig vor sich liegen sehen. Ich habe den letzten Samstag und Sonntag seiner Lektüre gewidmet. Ich habe den Eindruck, daß Sie in litteratischersteht so da und mathematischer Hinsicht etwas ganz vortreffliches geleistet haben, an dem für längere Zeit niemand, der sich mit diesen Dingen ernsthaft beschäftigt, in dieser Hinsicht wird vorübergehen können. Ebenso kann ich sagen, daß es in methodologischer Hinsicht die gewohnheitsmäßigen Darstellungen in verschiedenster Hinsicht weit übertrifft. Dieser Umstand wird hoffentlich von günstiger Wirkung für das allgemeine Niveau in diesem noch so sehr im Argen liegenden Dingen sein. Daß ich in dieser Hinsicht nicht in allem ganz mit Ihnen übereinstimme, das auszusprechen werden Sie mir wohl weder verübeln, noch auch wohl darüber sehr erstaunt sein. Etwas schade finde ich es, daß Sie sich mit der „Exhaustionstheorie“, wie ich sie nenne, nicht eigentlich auseinandergesetzt haben. Das bewirkt natürlich, daß Ihre Alternative auf Seite 33, wo Sie „Geradensetzung und Maßsetzung“ als einzige Möglichkeiten in Betracht ziehen, nicht zwingend ist. Aber daß Sie überhaupt von Ihrem Standpunkte aus, der mir weitgehend mit dem PoincareschenPPoincaré, Henri, 1854–1912, fr. Mathematiker und Philosoph analog zu sein scheint, einmal den Setzungsgedanken scharf herausgearbeitet haben, dies halte ich für überaus verdienstlich. Ich bin gerade mit der Ausarbeitung einer BrochüreB beschäftigt, die sich wiederum auf diese Gegenstände bezieht, und ich freue mich, nun schon darin auf Ihre gediegene Arbeit Bezug nehmen zu können. Allerdings werde ich, wenn das ausführlicher geschehen soll, auch auf die Differenzen, die zwischen unseren Anschauungen bestehen, zu sprechen kommen müssen, wogegen Sie wohl nichts einzuwenden haben werden. Ich sehe jetzt auch klar, warum wir bei unseren Gesprächen nicht recht zusammenkommen konnten. Hätte ich eine annähernde Kenntnis der Struktur des von Ihnen beabsichtigten Aufbaues gehabt, dann hätte ich Ihnen manches sagen können, was unsere Diskussion vereinfacht hätte. Ein besonderes Verdienst Ihrer SchriftB1922@Der Raum. Ein Beitrag zur Wissenschaftslehre, Berlin, 1922 sehe ich in der genauen Durcharbeitung der „sphärischen Physik“ und der anderen Beispiele. Das wird auf manche sicher sehr klärend wirken. Die eigentlichen Klärungen kommen ja wohl erst bei Berücksichtigung der Gesichtspunkte, wie ich sie in meiner „Genauigkeitstheorie“ behandle, zustande. Aber das würde Ihnen vielleicht auch in Ihrer DissertationB1922@Der Raum. Ein Beitrag zur Wissenschaftslehre, Berlin, 1922 Schwierigkeiten gemacht haben, und so ist es vielleicht doch besser so. – Mit nochmaliger herzlicher Gratulation, besten Grüßen und allen guten Wünschen
Ihr Ihnen