Universität Bayreuth: Philosophy & Economics, SoSe 2009
Lösung zur Klausur: Grundlagen des Entscheidens I
Datum: 20. August 2009
Dozent: Eckhart Arnold
Zum Besseren Verständnis habe ich die Lösungen zu den Aufgaben mit ausführlichen Erklärungen versehen. In der Klausur war das natürlich nicht gefordert. Es reicht das richtige Ergebnis bzw. die richtige Rechnung.
Im Folgenden sei mit “\(o\)” das Ereignis bezeichnet, dass Öl vorhanden ist und mit “\(\neg o\)” das Ereignis, dass kein Öl vorhanden ist. Weiterhin soll “\(e\)” dafür stehen, dass die Expertise positiv ausfällt, und “\(\neg e\)” dafür, dass sie negativ ausfällt. (Beispiel: Die bedingte Wahrscheinlichkeit, dafür dass Öl vorhanden ist, wenn die Expertise negativ ausgefallen ist, wird mit “\(P(o|\neg e)\)” bezeichnet.)
In der Aufgabe angegeben sind die folgenden Wahrscheinlichkeiten:
\(P(o)\) | \( = 0.6\) | Basisrate |
\(P(e|o)\) | \( = 0.95\) | Positiv-Positiv-Rate |
\(P(\neg e| \neg o)\) | \( = 0.85\) | Negativ-Negativ-Rate |
Unmittelbar daraus ableiten kann man die entsprechenden inversen Wahrscheinlichkeiten:
\(P(\neg o)\) | \( = 0.4\) | Wahrscheinlichkeit, dass kein Öl vorhanden ist |
\(P(\neg e|o)\) | \( = 0.05\) | Negativ-Positiv-Rate |
\(P(e|\neg o)\) | \( = 0.15\) | Positiv-Negativ-Rate |
Begnötigt werden zur Lösung des Entscheidungsproblems noch diese Wahrscheinlichkeiten:
\(P(o|e)\) | \( ={ } ?\) | Teilaufgabe 1 |
\(P(o|\neg e)\) | \( ={ } ?\) | Teilaufgabe 2 |
\(P(e)\) | \( ={ } ?\) | Wahrscheinlichkeit, dass die Expertise positiv ausfällt |
Lösung durch einfaches Einsetzen in die Bayes’sche Formel.
P(o|e) & = &
& = & = 0‚905
Die Wahrscheinlichkeit, mit der Öl vorhanden ist, wenn die Expertise positiv ausfällt, beträgt: 90‚5%.
Lösung durch Einsetzen in die Bayes’sche Formel. Dabei ist zu beachten, dass an einigen Stellen die inversen Wahrscheinlichkeiten verwendet werden müssen.
P(o|e) & = &
& = & = 0‚081
Die Wahrscheinlichkeit, mit der doch Öl vorhanden ist, wenn die Expertise negativ ausfällt, beträgt 8‚1%.
Vor der Aufstellung des Entscheidungsbaums ist zunächst die Wahrscheinlichkeit dafür zu berechnen, dass die Expertise positiv ausfällt. Auf Grund der Fehlerraten der Expertise ist diese Wahrscheinlichkeit nicht identisch mit der Wahrscheinlichkeit, mit der Öl vorhanden ist! Berücksichtigt man, dass die Expertise immer dann positiv ausfällt, wenn entweder a) Öl vorhanden ist und die Expertise dies richtig anzeigt, oder b) kein Öl vorhanden ist, aber die Expertise trotzdem das Vorhandensein von Öl anzeigt, dann berechnet sich die die Wahrscheinlichkeit so:
\(P(e) = P(e|o)\cdot P(o) + P(e|\neg o)\cdot P(\neg o) = 0‚95\cdot 0‚6 + 0‚15\cdot 0‚4 = 0‚626\)
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Expertise (bei der gegebenen Basisrate und gegebenen Fehlerraten) positiv ausfällt, beträgt also 62‚6%.
An den Enden (den “Blättern”) des Entscheidungsbaums sind die Netto-Kosten (bzw. der Netto-Ertrag) des jeweiligen Ergebnisses einzutragen. Bei der Auflösung des Entscheidungsbaums sind an den Zufallsknoten die Erwartungswerte zu berechnen. Im Einzelnen sind das folgende Erwartungswerte:
Da der Erwartungswert bei der Durchführung einer Expertise (\(EW_3 = 21‚0665\) Mio €) höher ausfällt, als wenn keine Expertise durchgeführt wird (\(EW_4 = 20\) Mio €), sollte die Expertise durchgeführt werden.
Präferenzen | Anzahl der Wähler |
der Wähler | mit diesen Präferenzen |
\(A \succ B \succ C\) | 2 |
\(B \succ C \succ A\) | 1 |
Bei dieser Verteilung von Präferenzen auf zwei Wählergruppen gewinnt A bei dem Verfahren “Stimme für Einen” mit 2 zu 1 Stimmen. Bei dem Verfahren “Stimme für Zwei” gewinnt B aber mit 3 zu 2 Stimmen!
Wie auch bei der folgenden Aufgabe ist die Lösung nicht eindeutig, sondern es existieren viele Andere Lösungen.
Eine der einfachsten Lösungen lautet:
Präferenzen | Anzahl der Wähler |
der Wähler | mit diesen Präferenzen |
\(A \succ B \succ C\) | \(6\) |
\(A \succ C \succ A\) | \(5\) |
\(C \succ B \succ A\) | \(10\) |
Eine St. | Zwei St. | Borda | ||||||||
A | B | C | A | B | C | A | B | C | ||
11 | 0 | 10 | 11 | 16 | 10 | 22 | 16 | 25 |
Am besten lässt sich eine Lösung erraten, wenn man gleich mit etwas größeren Zahlen ansetzt. Weitere mögliche Lösungen sind u.a.: \((5‚3‚0‚0‚7‚0)\); \((11‚0‚0‚0‚3‚9)\); \((3‚4‚0‚6‚0‚0)\); \((1‚0‚4‚0‚3‚2)\); \((4‚5‚0‚8‚3‚0)\); \((10‚2‚0‚1‚11‚0)\); \((11‚6‚0‚9‚0‚15)\); \((10‚5‚0‚8‚0‚14)\); \((101‚5‚0‚3‚0‚103)\); \((6‚2‚0‚4‚2‚5)\); \((5‚2‚0‚3‚1‚5)\); \((12‚2‚0‚7‚6‚7)\) Das sind natürlich nur Beispiele. Die Lösungmenge als solches ist unendlich groß.
Eine Lösung ist durch reines Ausprobieren nicht unbedingt leicht zu finden. Die Suche nach der richtigen Lösung wird aber stark vereinfacht, wenn man zunächst einige Vorüberlegungen anstellt. Zunächst einmal lässt sich das Problem mathematisch als die Suche nach den Werten von 6 Unbekannten \(x_1, ..., x_6\) auffassen, die den in der Aufgabe genannten Bedingungen genügen müssen:
Präferenzen | Anzahl der Wähler |
der Wähler | mit diesen Präferenzen |
\(A \succ B \succ C\) | \(x_1\) |
\(A \succ C \succ A\) | \(x_2\) |
\(B \succ A \succ C\) | \(x_3\) |
\(B \succ C \succ A\) | \(x_4\) |
\(C \succ A \succ B\) | \(x_5\) |
\(C \succ B \succ A\) | \(x_6\) |
Nun kann man z.B. folgende Überlegungen anstellen:
Setzt man nun probehalber \(x_4 = 3\) (wegen der 2. Überlegung), und \(x_2\) und \(x_5\) auf kleine Werte (wegen der 4. Überlegung) sowie \(x_1\) und \(x_6\) auf merklich größere Werte (wg. der 3. Überlegung) und berücksichtigt, dass entweder \(x_6 < x_1\) oder \(x_5 < x_2\) (wegen der 1. Überlegung), dann kommt man einigermaßen schnell zu einer Lösung wie: \(x_1=10, x_2=2, x_3=0, x_4=3, x_5=1, x_6=10\)
Für Interessierte sei noch darauf hingewiesen, dass es auch einen systematischen Ansatz zur Lösung des Problems gibt, der sich sogar auf beliebige Wahlverfahren (vom selben Typ wie die Borda-Zählung) verallgemeinern lässt. Der Ansatz sei hier nur angedeutet:
Wenn \(A\) Gewinner bei dem Wahlverfahren “Eine Stimme” sein soll, dann muss die Gesamtstimmenzahl von \(A\) größer sein als die von \(B\) und auch größer als die von \(C\). Mathematisch lässt sich das durch die beiden Ungleichungen ausdrücken:
\(\mbox{U1:}\qquad x_1 + x_2 > x_3 + x_4 \\\mbox{U2:}\qquad x_1 + x_2 > x_5 + x_6 \)
Wenn \(B\) Gewinner bei dem Wahlverfahren “Zwei Stimmen” sein soll, dann lässt sich das mathematisch ebenfalls durch zwei Ungleichungen ausdrücken:
\(\mbox{U3:}\qquad x_4 + x_6 > x_2 + x_5 \\\mbox{U4:}\qquad x_1 + x_3 > x_2 + x_5 \)
Dass \(C\) nach der Borda-Zählung gewinnt, bedeutet mathematisch:
\(\mbox{U5:}\qquad x_4 + x_5 + 2x_6 > 2x_1 + x_2 + x_3 \\\mbox{U6:}\qquad x_2 + 2x_5 + x_6 > x_1 + 2x_3 + x_4 \)
Das Problem ist damit auf ein System von Ungleichungen zurückgeführt, zu dessen Lösung man dann Verfahren der Linearen Algebra bzw. der angewandten Mathematik heran ziehen würde. In der Klausur war das natürlich nicht gefordert.
In diesem Fall ist das Ungleichungssystem übrigens hochgradig unterbestimmt. Wenn man eine Lösung durch herumprobieren finden will, empfiehlt es sich daher zunächst einfach ein par Variablen konstant (am besten auf 0) zu setzen, und für die verbleibenden die Ungleichungen aufzulösen. (Falls das nicht auf Anhieb geht, wählt man andere Variablen, die man konstant setzt.)
In der Klausur nicht verlangt, aber der Deutlichkeit halber sei zunächst folgende Vorüberlegung zur Bedingung der höheren Gewinne angestellt. Laut Aufgabenstellung besagt die Bedingung der höheren Gewinne:
\begin{eqnarray}x \succ y & \Leftrightarrow & L(a‚x‚z) \succ L(a‚y‚z) \\ x \succ y & \Leftrightarrow & L(a‚z‚x) \succ L(a‚z‚y) \end{eqnarray}Das impliziert aber unmittelbar:
\begin{eqnarray}x \sim y & \Leftrightarrow & L(a‚x‚z) \sim L(a‚y‚z) \\ x \sim y & \Leftrightarrow & L(a‚z‚x) \sim L(a‚z‚y) \end{eqnarray}Begründung: Angenommen es wäre nicht \(x \sim y\), dann gilt entweder \(x \succ y\) oder \(y \succ x\), dann gilt aber auch auf Grund der ersten beiden Präferenzungleichungen, dass \(L(a‚x‚z) \succ L(a‚y‚z)\) oder \(L(a‚y‚z) \succ L(a‚x‚z)\) und damit gerade nicht \(L(a‚x‚z) \sim L(a‚y‚z)\).
Ebenso darf man getrost voraussetzen, dass:
\begin{eqnarray}x \succeq y & \Leftrightarrow & L(a‚x‚z) \succeq L(a‚y‚z) \\ x \succeq y & \Leftrightarrow & L(a‚z‚x) \succeq L(a‚z‚y) \end{eqnarray}Dies ergibt sich aus den vorhergehenden beiden Paaren von Ungleichungen (im Zusammenhang mit der Definition von \(\succeq \) durch \(x \succeq y :\Leftrightarrow x \succ y \vee x \sim y\)).
Aus \(B \succeq x\) für jedes \(x \in{\cal G}\) folgt nach der Bedingung der höheren Gewinne (3.5, 3.6), dass sowohl \(L(a‚B‚B) \succeq L(a‚x‚B)\) als auch \(L(a‚B‚B) \succeq L(a‚B‚x)\) für jedes \(x \in{\cal G}\). Das heisst aber, dass für kein \(x\) gilt \(L(a‚x‚B) \succ L(a‚B‚B)\) bzw. \(L(a‚B‚x) \succ L(a‚B‚B)\).
Durch zweimalige Anwendung der Bedingung der höheren Gewinne (3.5 und dann 3.6) folgt für jedes \(x \in{\cal G}\) und jedes \(y \in{\cal G}\) auf Grund der Transitivität, dass:
\[L(a‚B‚B) \succeq L(a‚x‚B) \succeq L(a‚x‚y) \]Daraus ergibt sich aber, dass für kein \(x‚y\) gelten kann: \(L(a‚x‚y) \succ L(a‚B‚B)\)
Analog zu Teilaufgabe 1 folgt aus \(B \succeq L*\) für jedes \(L* \in{\cal L}\) mit Grad kleiner \(n\) nach der Bedingung der höheren Gewinne (3.5, 3.6), dass es kein \(L* \in{\cal L}\) mit Grad kleiner \(n\) gibt, für das \(L(a‚L*‚B) \succ L(a‚B‚B)\) oder \(L(a‚B‚L*) \succ L(a‚B‚B)\) gilt.
Analog zu Teilaufgabe 2 folgt aus \(B \succ L*_1\) und \(B \succ L*_2\) für alle Lotterien \(L*_1\) und \(L*_2\) mit einem Grad kleiner \(n\), dass es keine Lotterien \(L*_1, L*_2\) mit Grad kleiner \(n\) gibt, für die \(L(a‚L*_1‚L*_2) \succ L(a‚B‚B)\).
Für die Lösung dieser Teilaufgabe muss weiterhin vorausgesetzt werden, dass \(B \sim L(a‚B‚B)\). Diese Voraussetzung ist vor dem Hintergrund der inhaltlichen Definition von Lotterien als ein Spiel, bei dem man mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit das eine oder das andere von zwei Gütern gewinnt, unproblematisch, da dann die Lotterie \(L(a‚B‚B)\) mit dem Gut \(B\) identisch ist, so dass trivialerweise auch \(L(a‚B‚B) \sim B\) gelten muss.
Teilaufgabe 2 hat gezeigt, dass es keine Lotterie \(L*\) vom Grad 1 gibt, für die gilt, dass \(L* \succ L(a‚B‚B)\). Berücksichtigt man nun noch, dass \(B \sim L(a‚B‚B)\), dann ist damit gezeigt, dass es keine Lotterie vom Grad 1 gibt, für die gilt: \(L* \succ B\).
Damit ist die Annahme von Teilaufgabe 3 und 4 zumindest schon einmal für Lotterien vom Grad 1 gegeben. Dann zeigen Teilaufgabe 3 und 4, dass die Anahme auch für Grad 2 gültig ist (wobei man wiederum \(B \sim L(a‚B‚B)\) berücksichtigt). Durch wiederholte Anwendung von 3. und 4. kann zu Lotterien von Grad 3, 4, 5 usw. bis zu jedem beliebig großen Grad \(n\) fortgeschritten werden. Damit gilt aber für Lotterien von jedem endlichen Grad, dass \(B \succeq L*\).
Wenn man \(L(a‚x‚x) \sim x\) voraussetzt oder – wie in Fußnote beschrieben – aus der Reduzierbarkeit herleitet, dann kann man zeigen, dass für jede Lotterie (egal welchen Grades) gilt:
\[ x \succeq L(a‚x‚y) \succeq y \] sofern \(x \succeq y\). Und im Fall \(y \succeq x\) würde genau das Umgekehrte gelten. Jede Lotterie 1. Grades ist also genau zwischen den Gütern eingeordnet zwischen denen gelost wird.
Begründung: Ohne Beschränkung der Allgemeinheit kann zunächst angenommen werden, dass \(x \succeq y\). (Soll heißen, falls doch \(y \succ x\), dann kann man dasselbe zeigen, nur dass dann \(y\) die Rolle von \(x\) einnimmt und umgekehrt.) Dann gilt auf Grund der Bedingung der höheren Gewinne:
\[ L(a‚x‚x) \succeq L(a‚x‚y) \succeq L(a‚y‚y) \]Wegen \(L(a‚x‚x) \sim x\) und \(L(a‚y‚y) \sim y\) folgt das Gesuchte.
Man beachte: Der Zusammenhang gilt immer noch, wenn \(x‚y\) keine Grundgüter sondern Lotterien sind, weil die Bedingung der höheren Gewinne für Lotterien oder Grundgüter formuliert ist, und weil \(L(a‚x‚x) \sim x\) auch wahr ist, wenn \(x\) eine Lotterie ist. Nur für Grundgüter \(x‚y\) (aber nicht für Lotterien!), folgt aus dem Vorhergehenden wegen \(B \succeq x\) mit Hilfe der Transitivität weiterhin:
\[ B \succeq x \succeq L(a‚x‚y) \qquad \Leftrightarrow \qquad B \succeq L(a‚x‚y) \]Gegeben sei nun eine Lotterie beliebigen Grades: \(L* = L(a, L(b‚x‚y), L(c‚z‚w))\) (\(x‚y‚z‚w\) sind in diesem Falle Lotterien oder Grundgüter) Dann gilt entweder:
\[ L(b‚x‚y) \succeq L(a, L(b‚x‚y), L(c‚z‚w)) \]oder
\[ L(c‚z‚w) \succeq L(a, L(b‚x‚y), L(c‚z‚w)) \]Man beachte: Der Grad der links stehenden Lotterie ist um 1 geringer als der Grad der ursprünglichen Lotterie. Auf dieselbe Wiese kann man nun die links stehende Lotterie ihrerseits auflösen und die Präferenzungleichung ergänzen, solange bis ganz links in der Präferenzungleichung nur noch ein Grundgut steht. Nennen wir es \(g\). Da \(g\) ein Grundgut ist, wissen wir, dass \(B \succeq g\). Mit Hilfe der Transitivität folgt dann:
\[ B \succeq g \succeq L_1 \succeq L_2, ... \succeq L* \quad \Rightarrow \quad B \succeq L* \]q.e.d.
Eine einfacherere Lösung mit Hilfe der Reduzierbarkeit von Lotterien, die ohne mathematische Induktion
Bei der ersten und zweiten Teilaufgabe (jeweils 2 Punkte) von Aufgabe 1 kam es darauf an, die richtigen Zahlen in die richtige Formel (Bayes-Formel) einzusetzen. Wurden nur die falschen Zahlen in die ansonsten richtige Formel eingesetzt, so galt das immer noch als Teillösung.
Der Entscheidungsbaum musste die richtige Struktur (2 Punkte), die richtgen Wahrscheinlichkeiten (2 Punkte) und die richtigen Erwartungswerte (2 Punkte) haben, wobei aber nicht entscheidend ist, dass alle Zahlen direkt im Baumdiagramm eingetragen wurden, so lange sie irgendwo aufgeschrieben waren. Je nachdem, wie richtig oder falsch diese drei Komponenten ausgeführt waren, gab es Teilpunkte für die Lösung der Aufgabe. Für Folgefehler, z.B. falsch berechnete Erwartungswerte in Folge einer falschen Baumstruktur oder falsche Wahrscheinlichkeiten aus den Teilaufgaben 1.1 und 1.2, gab es, sofern die Rechnung nachvollziehbar war, keine erneuten Punktabzüge. Bloße Rundungsfehler führten nicht zu Punktabzügen.
Die Struktur des Entscheidungsbaums war auf jeden Fall dann zumindest teilweise falsch, wenn die Entscheidungsknoten für den Bau oder Nicht-Bau der Ölplattform vergessen wurden, so dass der Entscheidungsbaum bis auf den Entscheidungsknoten für die Durchführung der Expertise nur aus Ereignisknoten (bzw. “Zufallsknoten”) bestand. Auch spielt die Reihenfolge der Knoten eine Rolle: Ob tatsächlich Öl vorhanden ist, zeigt sich mit Sicherheit erst dann, wenn die Plattform gebaut worden ist. Einige haben, nachdem sie eine falsche Baumstruktur gewählt haben, das Problem dadurch zu lösen versucht, dass sie die Entscheidung über den Bau an den Ausgang der Expertise gekoppelt wissen wollten. So kann man es zwar nicht machen, denn es hätte ja – mit anderen Zahlen – auch sein können, dass es selbst dann nicht sinnvoll gewesen wäre die Plattform zu bauen, wenn die Expertise positiv ist, aber zumindest wurde das Problem erkannt.
Die Mehrzahl der Klausurteilnehmerinnen und -teilnehmer hat den Baum richtig konstruiert. Fast alle habe wenigstens den Ast für den Fall, dass die Expertise nicht durchgeführt wird, richtig hinbekommen.
Für Aufgabe 2.1 gab es 2 Punkte. Diese Aufgabe hatte erfreulicherweise jeder richtig!
Diese Aufgabe war leider offensichtlich zu schwer bzw. nur zu lösen, wenn man mit Glück mit halbwegs richtigen Zahlen anfängt zu suchen. Deshalb habe ich die Aufgabe aus der Wertung heraus genommen. Wer sie trotzdem richtig gelöst hat, bekam 2 Zusatzpunkte, mit denen Fehler in anderen Aufgaben ausgeglichen werden konnten. Tatsächlich gab es erstaunlich viele richtige Lösungen. Außerdem gab es ein par beinahe richtige Lösungen, d.h. man konnte die Lösung aus einer angegebenen Rechnung leicht rekonstruieren, auch wenn die Lösung selbst nicht mehr aufgeschrieben da stand bzw. bei mehrfach durchgestrichenen Zahlen nicht leicht auszumachen war. In solchen Fällen gab es noch 1 Extrapunkt.
Für jede dieser Teilaufgaben gab es jeweils 1 Punkt. Bei unpräziser Beweisführung gab es Abzüge, wobei die Präzision zugegebenermaßen bis zu einem gewissen Grad Ermessenssache ist.
Für jede dieser Teilaufgaben gab es ebenfalls jeweils 1 Punkt. Wer hier die Analogie richtig erkannt und sich mit dem Hinweis darauf begnügt hat, dass die entsprechenden Beweise genauso funktionieren wie in den ersten beiden Teilaufgaben, nur dass man \(x\) bzw. \(x\) und \(y\) durch Lotterien von einem Grad kleiner \(n\) ersetzen muss, lag richtig und hat die volle Punktzahl bekommen.
Es schadet natürlich nicht, wenn man denselben oder einen anderen gültigen Beweis noch mal durchführt. In vielen Fällen wurde insofern ungenau argumentiert, dass vergessen wurde darauf hinzuweisen, dass die inneren Lotterien einen Grad kleiner \(n\) haben müssen. Nur für solche Lotterien war nämlich die Gültigkeit der Bedingung, dass \(B \succeq L*\), per Annahme sichergestellt. Wurde dies vernachlässigt, so führte dies zwar nicht zu einem Punktabzug, da das bei den Teilaufgaben 3.3 udn 3.4. höchstens ein Schönheitsfehler ist. Diese Ungenauigkeit wirkte sich aber fast immer bei der Lösung von Aufgabe 3.5 dahingehend aus, dass viele Klausurteilnehmer und -teilnehmerinnen offenbar meinten, den geforderten Beweis im Grunde schon geführt zu haben.
Für diese Aufgabe gab es 2 Punkte. Mit dieser Aufgabe gab es die meisten Probleme. Nur wenige Teilnehmerinnen und -teilnehmer haben sie vollständig richtig gelöst. Diejenigen, die das Prinzip der mathematischen Induktion auf Grund ihres Vorwissens schon kannten, hatten es natürlich leichter. Wichtig ist, dass man dafür sowohl den Induktionsanfang (in Aufgabe 3.1 und 3.2 bewiesen) als auch den Induktionsschritt (in Aufgabe 3.3 und 3.4 bewiesen) benötigte. Der Induktionsschritt alleine reicht – anders als in vielen Klausuren offenbar angenommen – noch nicht aus, da man ja nur gezeigt hat, dass \(B \succeq L*\) für Lotterien des Grades \(n\) gilt, wenn (!) dasselbe schon für alle Lotterien des Grades \(n-1\) gilt. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass es überhaupt irgend einen Grad gibt, bei dem es für Lotterien dieses Grades schon gilt. Gezeigt wurde ja nur eine wenn-dann Beziehung, ohne dass die Gültigkeit der Voraussetzung dieser wenn-dann Beziehung gesichert wäre. Dafür eben benötigt man den Induktionsanfang, d.h. man muss den Zusammenhang für ein erstes \(n\)– diesem Fall für den Grad 0 – unmittelbar zeigen, was in Teilaufgabe 3.1 und 3.2 geschehen ist. Für den Induktionsschritt ohne Induktionsanfang gab es bei Teilaufgabe 3.5 aber noch 1 Punkt.
Für die alternative Lösung über die Reduzierbarkeit von Lotterien und ohne mathematische Induktion hätte es nur dann die volle Punktzahl gegeben, wenn sie einigermaßen vollständig dargestellt worden wäre, oder zumindest erkannt worden wäre, dass die Reduzierung von verschachtelten Lotterien im Rahmen von 2er-Lotterien nicht mehr ohne weiteres möglich ist, so dass man den Formalismus erweitern müsste. (Einer hat’s bemerkt!) Es gab aber auch so immer noch 1 Teilpunkt, da der Ansatz an sich ja nicht verkehrt ist.
Falsch ist es jedoch, Aufgabe 3.5 unmittelbar aus der inhaltlichen Definition von Lotterien (als die durch eine Wahrscheinlichkeit angegebene Chance eines von zwei Gütern zu erhalten) oder durch den Hinweis lösen zu wollen, dass jede Lotterie indifferent zu einem Grundgut ist. Die Gründe dafür sind folgende:
Auch mittels der Reduzierbarkeit kann man Lotterien daher nicht bis auf Grundgüter reduzieren, sondern nur bis auf Lotterien vom Grad 1. Und auch das ist, wie schon gesagt, nicht immer möglich, wenn man sich nur auf 2er Lotterien beschränkt.