Universität Bayreuth: Philosophy & Economics, SoSe 2009

Alte Klausuren und Übungsklausuren zur Vorbereitung auf die GDE-I Klausur

Nachfolgend sind ein par Übungsaufgaben für die GDE-Klausur zusammengestellt. Da es sich dabei um Aufgaben aus alten Klausuren bzw. Übungsklausuren handelt, könnte es sein, dass sie zur Vorlesung aus dem Sommersemester 2009 nicht unbedingt immer passen bzw. dass Themen darin vorkommen, die wir (noch) nicht besprochen haben, wie z.B. Spieltheorie.

Eckhart Arnold, 9. Juli 2009

A. Die Klausuren

1. Aufgaben zur Klausurvorbereitung

Hier sind ein par Aufgaben von der Art, wie sie in der Klausur vorkommen werden.

1.1 Entscheidungen unter Unwissenheit

  1. Betrachte folgende Entscheidungstabellen:
  2. Tabelle 1:Tabelle 2:
    \(A_1\) 4 8 12 0 \(A_1\) 0 -1 2 5
    \(A_2\) 3 2 3 3 \(A_2\) -3 12 2 4
    \(A_3\) 1 5 14 6 \(A_3\) 1 8 -2 6
    \(A_4\) 2 3 1 7 \(A_4\) 2 5 1 0
    Löse beide Entscheidungstabellen:
    1. nach der (lexikalischen) Maximin-Regel
    2. nach der (lexikalischen) Minimax-Bedauerns-Regel
    3. nach dem Indifferenzprinzip
    4. nach der Optimismus-Pessimismus-Regel mit einem Optimismus-Index von 3/4

  3. Welche der folgenden Nutzenfunktionen beschreiben jeweils denselben ordinalen Nutzen und welche denselben kardinalen Nutzen:
    1. Gut: A B C D E F
      \(u_1\): 3 2 5 8 1 4
      \(u_2\): 6 4 8 16 2 7
      \(u_3\): 7 4 13 22 1 10
    2. \(u_1(x) = 2x \qquad u_2(x) = -x \qquad u_3(x)=x^2 \qquad u_4(x) = 5x^2-3\)

1.2 Wahrscheinlichkeitsrechnung

  1. Ein Patient, der kürzlich einen Urlaub in Zentralafrika verbracht hat, wird mit Verdacht auf Malaria in die Klinik eingeliefert. Es ist bekannt, dass etwa bei 0.5% derartiger Verdachtsfälle tatsächlich eine Malariaerkrankung auftritt. Die behandelnde Ärztin führt zunächst einen Antigen-Schnelltest durch. Dieser Schnelltest hat eine positiv-positiv Rate von 80% und eine positiv-negativ Rate von 0.01%. Der Test fällt negativ aus. Da der Schnelltest nicht besonders sensitiv ist (wie man an der niedrigen positiv-positiv Rate sieht), führt die Ärztin noch einen zweiten Test auf Basis einer Polymerase-Kettenreaktion durch. Dieser Test, der mit einer positiv-positiv Rate von 99‚5% und einer positiv-negativ Rate von 0.3% sehr viel zuverlässiger ist, fällt positiv aus. Mit welcher Wahrscheinlichkeit muss die Ärztin davon ausgehen, dass der Patient an Malaria erkrankt ist?

  2. Die Laplace’sche Wahrscheinlichkeit wird wie folgt definiert:
    1. Es gibt eine endliche Menge von Elementarereignissen: \(\Omega \). (Beispiel: Beim Würfeln \(\Omega = \{1‚2‚3‚4‚5‚6\}\))
    2. Jedes Ereignis ist durch eine Menge \(E\) charakterisiert, die Teilmenge von \(\Omega \) ist: \(E \subseteq \Omega \). (Beispiel: Das Ereignis, eine gerade Zahl zu würfeln, wird durch die Menge \(E=\{2‚4‚6\}\) beschrieben.)
    3. Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses ist definiert als die Anzahl der Elemente der Ereignismenge („günstige Fälle“) geteilt durch die Anzahl der Elementarereignisse („mögliche Fälle“). Wenn \(|M|\) die Anzahl der Elemente der Menge \(M\) beschreibt, dann ist die Wahrscheinlichkeit \(p\) also definiert durch: \(p(E) := \frac{|E|}{|\Omega |}\).
    Beweise, dass die Laplac’sche Wahrscheinlichkeit die kolmogorowschen Axiome erfüllt:
    1. Axiom: \(\forall _{E \subset \Omega } \qquad p(E) \in \mathbb{R}\qquad \mbox{und}\qquad p(E) \geq 0\)
    2. Axiom: \(p(\Omega ) = 1\)
    3. Axiom: \(\forall _{E‚F \subset \Omega } \qquad E \cap F \neq \emptyset \Rightarrow p(E \cup F) = p(E) + p(F)\)
  3. Zeige, dass aus den drei kolmogorwschen Axiomen, die Monotonie von Wahrscheinlichkeiten folgt: \[\forall _{E‚F \subset \Omega } \qquad E \subset F \Rightarrow p(E) \leq p(F) \]

1.3 Entscheidungen unter Risiko

  1. In Amerika ist eine Grippewelle ausgebrochen. Experten rechnen damit, dass die Grippewelle mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% auch Deutschland erreicht. Wenn sie Deutschland erreicht, dann erkrankt ein Anteil von 15% der Bevölkerung. Wird die Grippe nicht behandelt, so sterben 3% der Erkrankten. Die Gesundheitsministerin erwägt nun, ein breit angelegtes Impfprogramm für die gesamte Bevölkerung durchführen zu lassen. Wird die Impfung frühzeitig verabreicht, so senkt sie das Erkrankungsrisiko auf 2%. Allerdings ist die Impfung nicht ganz ohne Risiko, denn es kommt – geheim gehaltenen Zahlen zufolge – bei 0.2% der geimpften Personen zu schweren Komplikationen, die zum Tod führen. Wenn die Grippe bereits ausgebrochen ist, kann die Gesundheitsministerin immer noch die Entscheidung treffen, eine Impfung durchführen zu lassen, falls das nicht schon vorher geschehen ist. Allerdings ist die Impfung zu diesem späteren Zeitpunkt nicht mehr so effektiv. Sie senkt das Erkrankungsrisiko dann nur noch auf 10% bei gleichem Risiko von Komplikationen.

    Aufgaben:

    1. Stelle das Entscheidungsproblem als Entscheidungsbaum dar.
    2. Sollte die Gesundheitsministerin eine frühzeitige Durchführung des Impfprogramms anstreben?
    3. Angenommen es hätte im Vorfeld eine öffentliche Diskussion über die Risiken des Impfprogramms gegeben, so dass die Durchführung des Impfprogramms zu einem frühen Zeitpunkt, als noch nicht klar war, ob sie Deutschland überhaupt erreicht, politisch nicht durchsetzbar war. Angenommen weiterhin, die Grippewelle hat Deutschland schließlich dennoch erreicht und der Ruf nach einer schleunigen Massenimpfung wird laut. Sollte die Gesundheitsministerin jetzt doch noch das Impfprogramm durchführen?
  2. Für eine auf einer Menge von Lotterien definierte Präferenzrelation gilt neben den üblichen Ordnungsgesetzen von Präferenzrelationen u.a.:
    1. Bedingung der höheren Gewinne: Für beliebige Lotterien \(x\)‚\(y\) und \(L^*\) und jede beliebige Wahrscheinlichkeit \(a\) gilt:
      1. \(L^* \succ x\) genau dann wenn \(L(a, L^*, y) \succ L(a, x, y)\).
      2. \(L^* \succ y\) genau dann wenn \(L(a, x, L^*) \succ L(a, x, y)\).
    2. Reduzierbarkeit zusammengesetzter Lotterien: Für jede zusammengesetzte Lotterie der Form \(L(a, L(b‚x‚y), L(c‚x‚y))\) gilt \(L(a, L(b‚x‚y), L(c‚x‚y)) \sim L(d‚x‚y)\) mit \(d:=ab+(1-a)c\).
    Zeige allein mit Hilfe dieser beiden Bedingungen (und der Ordnungsgesetze für Präferenzrelationen):
    1. Es kann nicht gelten: \(L(a‚x‚x) \succ x\)
    2. Es kann nicht gelten: \(x \succ L(a‚x‚x)\)

  3. Nimm weiterhin folgende Bedingungen als gegeben an (ergibt sich aus der vorhergehenden Aufgabe): Für alle Wahrscheinlichkeiten \(a\) und alle Lotterien \(x\) gilt: \(L(a‚x‚x) \sim x\)

    Zeige allein mit dieser und den Bedingungen aus der vorhergehenden Aufgabe: Wenn \(B\) ein bestes Grundgut ist, dann kann es keine Lotterie \(L(a, x, y)\) geben für die gilt: \(L(a, x, y) \succ B\)

1.4 Spieltheorie

  1. Löse das folgende Spiel durch sukkzessive Dominanz (Gib dazu in der richtigen Reihenfolge die zu streichenden Zeilen- bzw. Spaltenstrategien an):
  2. \(S_1\)\(S_2\)\(S_3\)\(S_4\)
    \(Z_1\) 4 2 0 14
    \(Z_2\) 11 7 1 12
    \(Z_3\) 9 6 4 5
    \(Z_4\) 3 4 2 8

  3. Gegeben seien diese beiden Spiele:

  4. Spiel ASpiel B
    \(S_1\)\(S_2\) \(S_1\)\(S_2\)
    \(Z_1\) 2, 1 0‚0 \(Z_1\) 0‚0 -1‚1
    \(Z_2\) -1‚-2 1‚3 \(Z_2\) 1‚-1 -2‚-2

    Aufgaben:

    1. Bestimmte zu jedem Spiel:
      1. die reinen Nash-Gleichgewichte (sofern vorhanden).
      2. die gemischten Nash-Gleichgewichte (sofern vorhanden).
    2. Bestimme den Erwatungswert der Spiele für jeden Spieler in den gemischten Gleichgewichten.

2. Die Klausur

2.1 Aufgabe: Entscheidungen unter Unwissenheit

Lösen Sie nach der Minimax-Bedauerns-Regel. Stellen Sie dazu die Bedauernstabelle auf und geben Sie dann an, welche drei Handlungen \(A_1\), \(A_2\) oder \(A_3\) gewählt werden sollte.

\(S_1\)\(S_2\)\(S_3\)\(S_4\)
\(A_1\) 3 7 500 4
\(A_2\) 200 100 3 50
\(A_3\) 150 60 2 25

2.2 Aufgabe: Entscheidungsbäume

Eine Person steht vor einem Entscheidungsproblem, das durch den Entscheidungsbaum auf der letzten Seite dargestellt wird:

  1. Sollte die Person an dem weiter rechts liegenden der beiden Entscheidungsknoten besser „Handlung A“ oder „Handlung B“ wählen?
  2. Wie groß ist der Erwartungswert von „Alternative 1“ (am ersten Entscheidungsknoten von links)?
  3. Sollte die Person „Alternative 1“ oder „Alternative 2“ wählen?

(Nehmen Sie dabei an, dass die Person sich rational verhält und den Wert von zufälligen Ereignissen immer nach dem Erwartungsnutzenprinzip berechnet.)

2.3 Aufgabe: Nash-Gleichgewichte

Gegeben sei folgendes Zwei-Personen Spiel:

\(S_1\)\(S_2\)
\(Z_1\) 1, 1 2, 0
\(Z_2\) 0, 2 4, 4
  1. Geben Sie alle reinen Nash-Gleichgewichte des Spiels an.
  2. Berechnen Sie das gemischte Nash-Gleichgewicht. Geben Sie an, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Zeilenspieler im gemischten Gleichgewicht \(Z_1\) spielt, und mit welcher Wahrscheinlichkeit der Spaltenspieler im gemischten Gleichgewicht \(S_1\) spielt.

2.4 Aufgabe: Bayes’scher Lehrsatz

Ein Bergbau-Unternehmen möchte in Sibieren Gold abbauen. Experten schätzen, dass in dem dafür vorgesehenen Gebiet mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% reiche Goldvorkommen zu finden sind. Bevor das Unternehmen jedoch eine Abbau-Konzession von der Regierung erwirbt, hat es sich das Recht vorbehalten, Probegrabungen durchzuführen. Falls tatsächlich Goldvorkommen vorhanden sind, dann liefern die Probegrabungen mit 95% Wahrscheinlichkeit ein positives Ergebnis. Allerdings liefern sie mit 10% Wahrscheinlichkeit auch dann ein positives Ergebnis, wenn in Wirklichkeit kein Gold vorhanden ist.

Aufgabe: Mit welcher Wahrscheinlichkeit kann noch davon ausgegangen werden, dass Gold vorhanden ist, wenn die Probegrabungen ein negatives Ergebnis liefern? Stellen Sie zur Lösung der Aufgabe die entsprechende Rechnung mit Hilfe des Bayes’schen Lehrsatzes auf, und rechnen Sie dann die Lösung aus.

2.5 Aufgabe: Beweise

  1. Es seien \(x\) und \(y\) zwei Güter oder Lotterien mit \(x \not \sim y\). Für welche Wahrscheinlichkeit \(b\) gilt dann: \(L(a, x, y) \equiv L(b, y, x)\)? Mit anderen Worten: Für welchen Wert von \(b\) sind die beiden Lotterien über dieselben Güter, aber in umgekehrter Reihenfolge identisch?

  2. Die Bedingung der höheren Gewinne besagt, dass für beliebige Lotterien \(x\)‚\(y\) und \(z\) und jede beliebige Wahrscheinlichkeit \(a\) gilt: \(x \succ y\) genau dann wenn \(L(a, x, z) \succ L(a, y, z)\). (Anders gesagt: Eine Lotterie wir dann vorgezogen, wenn man mit der gleichen Wahrscheinlichkeit auf der ersten Stelle einen höheren Gewinn erzielen kann, sofern der Gewinn auf der zweiten Stelle derselbe ist.) Aufgabe: Beweisen Sie, dass die Bedingung der höheren Gewinne auch auf der zweiten Stelle gilt, d.h. dass für beliebige Lotterien \(x\)‚\(y\) und \(z\) und jede beliebige Wahrscheinlichkeit \(a\) gilt: \(x \succ y\) genau dann wenn \(L(a, z, x) \succ L(a, z, y)\). (Die Gültigkeit der Bedingung der höheren Gewinne auf der ersten Stelle und Ihr Ergebnis der ersten Aufgabe dürfen Sie dabei voraussetzen, aber nicht den Erwartungsnutzen!)

Nachklausur


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